ARTIST TALK

Donnerstag, 24. Juli, 18 Uhr

Im Rahmen des Artist-in-Residence-Programms lädt das Krakauer Haus herzlich zum Gespräch mit der diesjährigen Stipendiatin Zuzanna Romańska und dem Kunsthistoriker Dr. Alexander Rácz ein.

Für die Sommermonate verwandelt sich die Galerie des Krakauer Hauses erneut in ein Atelier: Bereits zum zweiten Mal findet das Residenzprogramm für Studierende der letzten Semester und Doktorand*innen der Akademie der Bildenden Künste in Krakau statt.

Zuzanna Romańska, Gewinnerin des diesjährigen Open Calls, ist eine junge Malerin, deren Werke Erinnerungen, Körper, Mythen und spekulative Zukunft miteinander verweben. In ihren Arbeiten hinterfragt sie traditionelle Narrative von Geschichte, Identität und Weiblichkeit.

Mehr über die Künstlerin: Contemporary Lynx

Foto: K.Prusik-Lutz

The Hungry God Rite


Zuzanna Romańska entwickelt im Rahmen ihrer Residenz eine poetisch-mythische Erzählung über das okkulte Nürnberg. In Gemälden, Objekten und Texten begegnen sich fiktive Kosmogonien und historische Legenden. Im Zentrum steht der Bożyc – ein fluider Trickster, der Zeit und Ordnung infrage stellt. Das Projekt verbindet mittelalterliche Bildwelten mit experimentellem Kino, Musik und performativen Elementen zu einem vielschichtigen Kosmos zwischen Mythos, Erinnerung und Identität.

Das Projekt von Zuzanna Romańska entfaltet sich im Spannungsfeld von visueller, performativer und textbasierter Kunst als Erzählung, deren Protagonist das mythologische Gesicht Nürnbergs ist. Ausgangspunkt ist der utopische Versuch, eine eigene Kosmogonie zu erschaffen. Diese Idee entwickelt sich in Gemälden, Objekten und im poetisch-kosmologischen Roman „Z pyętra pyątego“ („Vom fünften Stock“). Persönliche Erfahrungen und Imaginationen verweben sich mit kulturellen Archetypen und Bildwanderungen.

Zuzanna Romańska erschafft eigene Figuren, deren fluide Natur gängige Kategorien wie Gattung, Geschlecht, Raum und Zeit überschreitet. Besonders faszinierend erscheint ihr Nürnbergs historische Rolle als Zentrum der Alchemie und des Okkultismus, gleichzeitig als Stadt der Uhren und Uhrmacher. In „The Hungry God Rite“ begegnen sich das überlieferte Legendarische und das Fiktive. Im Geiste der Hauntologie und in Anlehnung an Aby Warburgs „Mnemosyne-Atlas“ erschafft ein uhrmachender Demiurg eine von Geistern durchdrungene Zeitordnung – bis er vom Bożyc verschlungen wird: einer Trickster-Figur, einem verwandelnden Halbgott, der eine temporale Revolution einleitet.

Bożyc wird selbst zum Sänger und Chronisten – ähnlich den Meistersinger*innen – und sammelt flüchtige Geschichten. Die im Rahmen der Residenz entstehenden Arbeiten erzählen von der Begegnung durchkreuzender Mythen, Geschichten und Sprachen. Der begleitende Text fungiert als Partitur für performative und klangliche Interpretation.

Romańskas Arbeit wird beeinflusst von mittelalterlicher Buchmalerei, Volkskunst und expressionistischer Malerei, von experimentellem Kino (Siergiej Paradschanow, Piotr Szulkin, „The Tales of Hoffmann“ von The Archers) sowie von der Musik Alfred Schnittkes, Liedern aus den östlichen Grenzregionen Europas und javanischer Suluk-Dalang-Tradition. Sie untersucht lokale Nürnberger Mythen und betont ihre Bedeutung für individuelle und kollektive Identität. Im Zentrum steht der Mythos als Form der Welterzeugung und -deutung.

Foto: K.Prusik-Lutz