O.W.L Collective

PROGRAMM

3 Tage – 3 Ausstellungen – an 3 Orten

7. Oktober / Freitag/

18 Uhr
Beginn des Kunstwochenendes und Präsentation eines Teils der im Heimatministerium arrangierten Ausstellung.
Ort: Heimatministerium, Bankgasse 9, 90402 Nürnber

8.Oktober / Samstag/

11 Uhr – 18 Uhr
Ausstellung im Krakauer Haus
13 UhrFührungen mit Kuratorinnen, Treffpunkt: Heimatsministerium
18 Uhr: Performance & Konzert im Garten des Krakauer Hauses und offizielle Eröffnung der Ausstellung im Haus
Ort: Krakauer Haus

9.Oktober / Sonntag/

11 Uhr – 16 Uhr
Ausstellung im Krakauer Haus
Ort: Krakauer Haus

13 UhrAusstellungseröffnung in der Modulgalerie
Ort: Modulgalerie, U-Bahn Passage Lorenzkirche

 

Dauer der Ausstellung:
in Heimatministerium: 7. – 9. Oktober 2022
im Krakauer Haus:  8. – 29. Oktober 2022
in der Modulgalerie:  8. Oktober 2022 – 21. Januar 2023

La vita e bella

/Text: Marcin Sipiora, Übersetzung: Katha Uziel /

 

Der Titel der Ausstellung bezieht sich direkt auf den gleichnamigen Film von Robert Benigni: „La vita e bella“, der die Geschichte eines Vaters und seines Sohnes erzählt, die in einem Konzentrationslager inhaftiert sind.

„Das Leben ist schön“ ist nicht nur der Titel des Films, sondern auch ein Schrei, der laut aus der Kehle eines Mannes kommt, der sich über einen Moment im Leben freut, eine Situation, die beweist, dass das Leben einen Sinn hat, dass es lebenswert ist, ein solches Glück erleben zu können. Dieser Schrei kann ein ganzes Leben erhellen und Momente der Traurigkeit, des Leids und des Unglücks auslöschen.

Für den Jungen Giosue werden das schlimme Schicksal, das Leid, das im Lager dank der Mystifizierung seines Vaters herrscht, zu den Folgen des „Spiels“, zu den Konsequenzen, die sich ergeben, wenn man nicht gut „spielt“, zum Hintergrund eines Spiels um einen großen Preis. Es gibt eine interessante Wendung in seinem Leben, ein „Spiel“ hat begonnen, an dem er mit seinem Vater teilnehmen kann. Es gibt viele Momente, in denen er sich richtig amüsiert.

Heute können wir uns fragen, ob Guidos Handlungen seinem Sohn wirklich geholfen haben, ob sie moralisch gerechtfertigt waren, ob er durch die Mystifizierung der Realität tatsächlich dazu beigetragen hat, seinen Sohn zu retten. Guido agierte nach den Richtlinien der Propaganda, so wie wir es heute einordnen können. Er überwachte seinen Sohn gewissermaßen, um die Kontrolle über die vor ihm propagierte Sichtweise zu behalten.

Indem wir Guidos Verhalten der „anderen Seite“, d. h. den deutschen Nazis, gegenüberstellen, können wir über die Ähnlichkeiten der Prozesse zur Aufrechterhaltung der ständigen Propagandakontrolle im Dritten Reich mit seinem Narrativ der einzig richtigen, reinen und starken Nation nachdenken.

Hier wollen wir die Aufmerksamkeit auf das Wesen der Propaganda und ihren weiten Wirkhorizont, der nicht nur ausgebildete, erwachsene Persönlichkeiten, sondern auch und vielleicht besonders die Köpfe von Kindern und Jugendlichen erfasst. Das Endziel ist die „Regierung der Seele“, d. h. die Ausübung einer ständigen Kontrolle über die Nation, die die Stärke der auserwählten Nation darstellen soll, die unkritisch und loyal die große Vision erfüllt.

Der Geist eines Kindes ist besonders anfällig für äußere Einflüsse, und es ist leicht, ihm eine Weltsicht einzuprägen, vor allem eine, die durchweg dualistisch ist.

Dieser Ansatz wurde sowohl im Konzept der Hitlerjugend als auch Propaganda-Animationen von Walt Disney sowie solchen der Sowjetunion verfolgt, die schwarze Figuren mit tierischen Merkmalen wie Schwein, Ente oder Wolf gegen Adler, Schwäne und Hirsche darstellten. All dies geschah, um ein möglichst breites, altersunabhängiges Publikum zu erreichen und das Bild eines einzigen, gemeinsamen Feindes zu schaffen.

Eine weitere Frage, die sich bei der Betrachtung des Themas Krieg stellt, ist: Was wäre, wenn…? Charlie Chaplins „Der große Diktator“ erzählt die Geschichte in seiner bekannten Formel des Slapstick-Humors, mit einem Schlagabtausch zwischen dem titelgebenden Diktator, der von einer verrückten Vision der Welteroberung ergriffen ist, und einem jüdischen Goliath, der in einem großen Finale und einer feurigen Rede des falschen Diktators endet, die als die demokratischste Rede der Geschichte gelten könnte.

Wenn man sich vorstellt, dass ein solcher Mann, der solche Ideale predigt, Nationen anführt, könnte man sich eine Geschichte voller Frieden und Respekt, Wohlstand und Gleichheit ausmalen. Wir werden jedoch nie erfahren, wie es mit den Personen in dieser Geschichte weiterging.

In „Pan’s Labyrinth“ versucht Guillermo del Toro, den Ursprung einer Entscheidung am Zusammenprall zweier Welten zu beobachten: der brutalen Realität und der fantastischen Welt der Märchen, in der die gleichen Gesetze und Gefahren herrschen. Eine Entscheidung, die wir schon als Kinder treffen, indem wir uns für Gut oder Böse entscheiden. Del Toro betont die Verwischung der Grenze zwischen den beiden Welten und deutet an, dass die Fantasie, die wir als Kinder erleben, genauso real sein kann wie die Welt der Erwachsenen, und dass es an uns liegt, die Dämonen zu bekämpfen, die beide Welten bewohnen, oder ihnen zu erliegen, indem wir zu ihnen werden.

Del Toro fragt, ob es einen Unterschied zwischen dem Kampf in der Fantasiewelt und dem Kampf im Gewissen eines jeden Erwachsenen gibt?

Natalia Kopytko

Geboren 1981 in Brzesko. Ihre Kindheit verbrachte Natalia Kopytkoin Łysa Góra. Sie ist Absolventin der Fakultät für Bildhauerei an der Akademie der Schönen Künste in Krakau und schloss ihr Studium 2007 mit Auszeichnung ab. Im Jahr 2019 promovierte sie an der Kunstfakultät der Akademie der Schönen Künste in Krakau. Sie studierte auch an der Universidad Politecnica de Vlencia facultad de Bellas Artes. Sie wurde 2016 mit einem Stipendium des Ministers für Kultur und Kunst aus dem Programm „Junges Polen“ ausgezeichnet und erhielt 2018 das Kreativstipendium der Stadt Krakau und 2020 ein Stipendium aus dem Programm „Kultura Odporna [widerstandsfähige Kultur]“. Natalia Kopytko arbeitet in den Bereichen Bildhauerei und Installation. In ihrer künstlerischen Praxis beschäftigt sie sich mit Themen wie sozialer Ausgrenzung und vergessener Geschichte. Sie interessiert sich für den Begriff der Archäologie der Kindheit. Die Künstlerin hatte bereits zahlreiche Einzel- und Gruppenausstellungen und ist Mitglied des Kunstkollektivs O.W.L. Sie lebt und arbeitet in Krakau.

https://www.instagram.com/natalia__kopytko/

Tomasz Bugajski

Geboren 1994 in Zakopane. Seit 2014 Schüler der Antoni Kenar Kunstschule in Zakopane. Seit 2019 Absolvent der Akademie der Schönen Künste in Krakau, Fachrichtung Bildhauerei. 

Die Werke von Tomasz Bugajski sind abstrakt und collagenartig, er verwendet oft eine Vielzahl von Mitteln und webt digitale Technologien in den kreativen Prozess und in die Objekte selbst ein. Tomasz Bugajski interessiert sich für die Form und die visuelle Wahrnehmung von alltäglichen Gegenständen, die, wenn sie in einem neuen Kontext stehen, ihren ursprünglichen Zweck verlieren. 

Der Prozess der Objektgestaltung beginnt in der Regel mit der Dekonstruktion der Materialien selbst. Sie erfordert eine Analyse der Objekte, um die einzelnen Bestandteile zu isolieren. In diesem Fall erfolgt die Beobachtung in Form der Identifizierung charakteristischer Elemente und Nebeneinanderstellungen, die dann verwendet werden können, um das Objekt als Ganzes plausibel zu machen. Nach einem solchen Prozess wird das Objekt zu einem verzerrten Spiegelbild der technologischen Prototypen.

Marcin Sipiora 

Geboren 1982. Marcin Sipiora ist Absolvent der Fakultät für Bildhauerei an der Akademie der Schönen Künste in Krakau. Er ist ein audiovisueller Künstler, Kurator, Designer. Er schafft elektronische und improvisiert-experimentelle Musik. Zusammen mit Jacek Doroszenko ist er Mitbegründer von Ampscent, einem multidisziplinären Duo, das digital-analoge Klangwelten erforscht. Marcin Sipiora hat an zahlreichen Festivals für bildende Kunst und Gruppenausstellungen teilgenommen. Er ist Mitbegründer und Kurator der Projekte des Kunstkollektivs O.W.L. Er beschäftigt sich auch mit Grafikdesign, Interfaces und User Experience. Er lebt und arbeitet in Krakau.

https://mrsipiora.tumblr.com/ 

Bartłomiej Węgrzyn

Bartłomiej Węgrzyn ist bildender Künstler. Er schafft Skulpturen, Objekte und Installationen. Geboren 1984. 2009 machte er seinen Abschluss mit Auszeichnung an der Fakultät für Bildhauerei an der Jan-Matejko-Akademie der Schönen Künste in Krakau, im Atelier von Professor Józef Murzyn. Er studierte an der Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg im Rahmen des Programms Sokrates Erasmus. Derzeit arbeitet der Inhaber eines Doktorgrades am Lehrstuhl für Bildhauerei der Akademie der Schönen Künste in Krakau. Er war Stipendiat des Chinesischen Stipendienrats. In den Jahren 2010-2012 nahm Bartłomiej Węgrzyn  an einem Künstleraufenthalt in China teil (Chongqing, Organhaus 501 Art Space), bei dem er eine Reihe von Skulpturen unter dem Titel „Very existence objects“ präsentierte. Im Jahr 2015 wurde er für die Skulptur des Jahres beim Wettbewerb „Bild, Grafik, Zeichnung, Skulptur 2015“ des Büros für Kunstausstellungen in Rzeszów ausgezeichnet. Im Jahr 2016 erhielt er eine Auszeichnung für seine Skulptur „Wave after wave“ im Wettbewerb „Konfrontacje sztuki [Konfrontationen der Kunst]“, organisiert von der Galerie Test und dem Masowischen Institut für Kultur Warschau. Im Jahr 2021 verteidigte er seine Doktorarbeit an der Abteilung für Bildhauerei der Akademie der Schönen Künste in Krakau, mit dem Titel „Entroducing. Formułowanie przestrzeni. [Endtrodoucing.Das Formen des Räumlichen]“

https://www.instagram.com/bartekwegrz

O.W.L. Kollektiv

 

Das O.W.L. Kunstkollektiv wurde 2020 von einer Gruppe von Künstlern gegründet: Natalia Kopytko, Bartek Węgrzyn, Tomasz Bugajski und Marcin Sipiora. Die kreative Methodik des Kollektivs besteht aus Prozessen: Digital-zu-Analog, Analog-zu-Digital, Archäologie der Kindheit, Recycling/Wiederbelebung eines Werks, wodurch ein offenes Umfeld geschaffen wird, das voller Wegweiser ist, die entlang des Beziehungsnetzes von Raum zu Objekten, Strukturen zu Symbolen führen. Ein wichtiges Element dieser Methodik ist es, sich von der finalen Form von Artefakten zu verabschieden und auf die Autorenschaft zugunsten einer kollektiven Haltung zu verzichten. Das Ziel ist, ein Ausstellungsexperiment zu schaffen und eine Verschmelzung von Ideen, Beziehungen, Kontext, Material und Sprache zu erreichen.

In der präsentierten Ausstellung mit dem Titel: „La Vita e Bella“ beziehen sich die Künstler auf das Thema Krieg, Propaganda und das Wesen bewaffneter Konflikte. Indem sie Werke der Filmkunst und der Popkultur zitieren, versuchen sie, einen Raum zu schaffen, der die Absurdität, die Sinnlosigkeit und die fatalen Folgen von Gewaltanwendung zeigt.

Der Titel der Ausstellung, „La Vita e Bella“, ist auch der Titel eines Films von Roberto Benigni über den Krieg, der als Spiel dargestellt wird, bei dem der Gewinner einen echten Panzer als Preis erhalten soll. Die Absurdität und Skurrilität der ganzen Situation wirft Fragen nach dem Sinn des Krieges und seinen tatsächlichen, langfristigen Auswirkungen auf viele kommende Generationen auf.

in Zusammenarbeit mit :

Art Weekend Nürnberg

Amt für Internationale Beziehungen,  Modulgalerie und Baureferat der Stadt Nürnberg